
Kulturgut Fastnacht digital
Museen der schwäbisch-alemannischen Fastnacht
Wie lassen sich immaterielle Facetten von Bräuchen digital erleben und interaktiv vermitteln? Das erforschen die Fastnachtsmuseen Narrenschopf und Schloss Langenstein.
Das Museum Narrenschopf Bad Dürrheim und das Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein präsentieren zahlreiche Exponate und damit vermehrt Materielles aus der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. Bei diesem kuratierten Angebot wird jedoch die Kultur jenseits der Dinge nur lückenhaft wiedergegeben.
Wie können auch in kleinen, ehrenamtlich getragenen Museen digital unterstützte Vermittlungsstrategien aussehen? Helfen digitale Technologien dabei, die immateriellen Facetten der Fastnacht greifbar und ganzjährig erfahrbar zu machen? Dieser Frage gehen wir im Austausch mit weiteren Museen der schwäbisch-alemannischen Fastnacht in einem gemeinsamen Teilprojekt nach.
Die Idee: Das Museum als Ort des Dialogs und individuellen Erlebens
Hierbei widmen wir uns komplementären Ansätzen: Das Team in Bad Dürrheim erprobt Formate, die ein gemeinschaftliches Erleben der Fastnacht und den Austausch zwischen Narren und Laien mit Hilfe des Museums ermöglichen.
Das kommunikationsfördernde Museum ist auch Thema des Teams von Schloss Langenstein. Die digital unterstützte, individualisierte Informationsvermittlung steht hier ebenso im Fokus wie die dialogische Einbeziehung der BesucherInnen bei der Erzeugung von Sinn oder Bedeutung. Hierbei sollen sowohl kognitive als auch affektive Lern- und Bildungsziele verfolgt werden.
Umsetzungsansätze
Brauchveranstaltungen durch 360-Grad-Filme zugänglich machen
Um die nur wenige Tage im Jahr und regional abgegrenzt stattfindenden Brauchveranstaltungen MuseumsbesucherInnen ubiquitär und ganzjährig zugänglich zu machen, werden ausgewählte Ereignisse als 360-Grad-Filme präsentiert. Diese stehen über zwei verschiedene Präsentationswege bereit – einfache Cardboard-VR-Brillen und eine planetariumsähnliche Kuppelprojektion im Museum. Auf diese Weise können wir sowohl die individuelle als auch die gemeinsame Rezeption der gleichen Inhalte in größeren Gruppen untersuchen.
Virtuelle Präsentation mit interaktivem Kommunikationsraum
Ein kuratiertes Informationsangebot wird in Form eines webbasierten virtuellen Museums dargestellt und um einen interaktiven Kommunikationsraum für den Dialog mit den Interessierten ergänzt. Zur Umsetzung greift der Narrenschopf die bewährten Kommunikations- und Interaktionsformen der Sozialen Netzwerke auf: Im virtuellen Museum online stellen wir in thematisch gegliederten Kapiteln Exponate der Fastnacht vor. Hier laden wir die NutzerInnen dazu ein, eigene Fastnachtserlebnisse über Bilder, Texte, Videos etc. zu den jeweiligen Themenfeldern hochzuladen und somit ins Museum zurückzuspiegeln. Ergänzt durch interaktive Formate wie die virtuelle Fastnachtsband wollen wir so den Austausch zwischen den NutzerInnen anregen.
„Master Brain“ fürs Museum – Personalisierter Guide ohne BYOD und Leihgeräte
Das Team von Schloss Langenstein konzipiert einen prototypischen, interaktiven Museumsparkour. Durch ein Guidesystem und Storytelling-Elemente wird ein intuitives Lernen ermöglicht: Im Außenbereich eines Raumes kann sich der/die BesucherIn Wissen aneignen (kognitiv), das er/sie im Inneren spielerisch erleben, reflektieren und überprüfen kann (affektiv).

Das geplante Guidesystem erkennt und unterstützt als „virtueller“ Begleiter die BesucherInnen auf ihrem Weg durch das Museum. Hierbei werden keine Geräte mitgeführt, die Informationsträger sind Teil der Ausstellung.
An den Parcours-Stationen tritt der Guide über vernetzte, fest installierte Displays, Lautsprecher, Sensorik, Augmented- bzw. Mixed-Reality-Anwendungen, Projektionen und Lichtinstallationen mit dem/r BesucherIn in Kontakt. Dabei speichert er Inputs für den weiteren Parcours-Verlauf, empfiehlt Themen oder lädt zu Interaktionen ein. Das Masterbrain ist aber auch virtueller Analytiker und nutzt das Verhalten des Besuchers für Statistiken und zukünftige Museumsstrategien.
Immaterielle Zusammenhänge
Um geographische Relationen zwischen Maskenbräuchen und Riten vergleichend sichtbar zu machen, werden in einer Augmented-Reality-Anwendung auf einen zuvor weißen Globus animierte Informationen eingeblendet und können interaktiv erfahrbar werden.




Erkenntnisse für kleine und mittelgroße Museen
Bei unseren Entwicklungen für das Museum Narrenschopf nutzen wir Technologien, die auf eine möglichst einfache Nachnutzung ausgerichtet sind und mit wenig Personal betrieben werden können. So möchten wir auch kleine Museen dazu befähigen, Ansätze wie etwa die 360-Grad-Videoproduktion für eigene event- und ereignisbezogene Aufnahmen anwenden zu können. Für das virtuelle Fastnachtsmuseum adaptieren wir PlugIns des verbreiteten Content Management System WordPress und stellen diese zur Nachnutzung zur Verfügung. Auf diese Weise schaffen wir ein Basisgerüst, das für Ausstellungs- und Interaktionsangebote anderer Museen angepasst werden kann.
Das Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein möchte mit dem virtuellen Guide und der Mixed-Reality Anwendung prototypische Ressourcen entwickeln, die auch andere Museen nutzen können. Das digitale Konzept zur Wissensvermittlung wird in einem interaktiven Parcours mit zehn Themenräumen wiedergegeben. Diese Beispiele können dazu beitragen, anderen Einrichtungen neue Wege und Ideen im Sinne eines aktiven, dialogischen, individuellen und pluralen Museumsbesuchs aufzuzeigen.
Da wir sämtliche Arbeitsschritte dokumentieren, lässt sich die Entwicklung von der Konzeptionsphase, über das Testen mit NutzerInnen bis zur Demo-Installation samt Installationsanweisungen Schritt für Schritt mitverfolgen. Auch Änderungen im Projektplan und fehlgeschlagene Tests werden so dokumentiert, dass andere Häuser daraus Schlüsse für ihre Entscheidungsfindung ziehen können.
Beteiligte Personen

Roland Wehrle
Teilprojektleitung im Museum Narrenschopf / Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte e. V.

Vera Jovic-Burger
Teilprojektsteuerung im Museum Narrenschopf
+49(0)7726 977 224 jovic-burger@vsan.de
Prof. Dr. Ullrich Dittler
Technische Konzeption und Beratung / Professor für Interaktive Medien, Fakultät Digitale Medien der Hochschule Furtwangen

Prof. Dr. Werner Mezger
Inhaltliche Konzeption / Professor für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.; Direktor, Freiburger Institut für Volkskunde der Deutschen des östlichen Europa

Artur Fuss
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Museum Narrenschopf

Ingeborg Rüth
Archivische Projektbegleitung, Museum Narrenschopf / Betreuung Zentralarchiv der VSAN im Narrenschopf

Rainer Hespeler
Teilprojektleitung im Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein / 2. Vorsitzender, Vorstand Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein

Michael Fuchs
Teilprojektsteuerung im Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein / Präsident, Vorstand Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein
+49(0)7732 988 233praesident@fasnachtsmuseum.de
Sascha Lorenz
Software-Architektur

Maurizio Tidei
Software-Architektur
Mehr erfahren
- Informationen zu Projektaktivitäten im Museum Narrenschopf
- Arbeiten am interaktiven Museumsguide des Fasnachtsmuseum Schloss Langenstein
- Kontakt