10. Mai 2022
Wissenstransfer

RealDigital – Hybrides Testing unter Extrembedingungen

„Treten Sie mit uns in Verbindung“: Besucher*innen im Humboldt Labor interagieren live mit Wissenschaftler in der Arktis

Bildschirm in der Arktis
Aufbau in der Arktis, Foto: Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, CC BY NC 4.0

Am 27. März 2022 testete das museum4punkt0-Teilprojekt „RealDigital – hybride Kultur-Veranstaltungen“ der Stiftung Humboldt Forum ein hybrides Format in der Ausstellung „Nach der Natur“ des Humboldt Labors. Der Wissenschaftler Helge Mohn wurde live aus der Arktis in die Wissenschaftsausstellung der Humboldt-Universität zugeschaltet. Besucher*innen konnten den Start einer Radio-Ballon-Sonde auf der Forschungsstation AWIPEV mitverfolgen und Fragen zu Klimamodellierung, Artificial Intelligence und Big Data stellen.

„Nehmen Sie die Hörer ab, um mit uns in Verbindung zu treten. Put on the headphones to talk to us.“

Blau leuchtende Kopfhörer liegen auf einem Podest vor dem Bildschirm in der Ausstellung „Nach der Natur“ im Humboldt Labor. Neugierig und vorsichtig greift ein Kind zu den Hörern und setzt diese auf. Die Bildschirmansicht wechselt und ein Wissenschaftler in einem roten Anzug mit einer warmen Mütze ist zu sehen. Er ist von Schnee und Eis umgeben und sein Atem bläst warme Luft in die Kälte.

„Hallo? Ich kann Dich gar nicht sehen. Wer ist da?“, sagt der Wissenschaftler. „Ah jetzt kann ich Dich sehen. Hallo! Ich bin ein Wissenschaftler von der Forschungsstation AWIPEV in NY-Alesund.“ Schnell entwickelt sich ein Gespräch zwischen dem jungen Museumsbesucher und dem zugeschalteten Forscher: „Bist du in der Arktis? Gibt es da Eisbären?“

Das Gespräch zwischen den beiden zieht auch andere Besucher*innen an. Sie können das Gespräch beobachten, aber sich nur beteiligen, wenn sie selbst nach vorne treten und die Kopfhörer aufsetzen. Dies machen dann auch viele von Ihnen und stellen Fragen wie: „Wie kalt ist es? Was bewirkt der Jetstream?“ „Was ist das für ein Haus im Hintergrund?“ „Wo startet ihr die Ozon-Sonden? Kannst Du mir das zeigen?“ „Dürfen da, wo du bist, nur Wissenschaftler*innen hin?“ Es ist eine Mischung aus Fragen zur aktuell laufenden Kampagne „haloac3“ und dem Leben auf einer Forschungsstation. Nach ein paar Fragen gibt es meist Aufforderungen, etwas von der Umgebung zu zeigen.

Reaktionen: Lässt sich Faszination in ein hybrides Format übertragen?

Im Anschluss an das Experiment bitten wir die Besucher*innen darum, Umfragebögen zu unserem Aufbau auszufüllen und fragen nach Feedback. Die Forschung in der Arktis löst eine Faszination aus, welche durch ein hybrides Format nachempfunden werden kann. Was macht diese Spannung aus? Was bedingt sie? Wie bildet sie sich? Am meisten diskutierten wir beim Testing über die Vor- und Nachteile der 1:1-Situation. Was bewirkt diese Privatheit? Eröffnen wir neue Möglichkeiten oder schließen wir damit aus?

Bisher spiegelt das Besucher*innen-Feedback, dass die Intimität der Situation die Hürden nimmt, Fragen zu stellen. Oft fällt der Satz „Es ist ja auch ein echtes Gespräch“. Manchen Besucher*innen fehlt es jedoch an Informationen. Sie wollen den Gesprächsrahmen kennen und wissen, wie sie sich verhalten dürfen. Fest steht allerdings, dass das kuratorische Format eine starke Offenheit mit sich bringt. Wir stellen uns die Frage: „Woher wissen die Besucher*innen, wann das Gespräch vorbei ist? Wie lange dürfen sie eigentlich reden? Wollen wir das überhaupt bestimmen?“

Mit dem Testing der Liveschaltung in die Arktis haben wir wertvolles Feedback sammeln können, werten noch aus und planen die nächsten Entwicklungsschritte. Das Benutzer*innen-Feedback ist für uns besonders wichtig bei der Weiterentwicklung unseres prototypischen hybriden kuratorischen Formats.

Einblick in den Testaufbau

Da sich in der Arktis bei bis zu minus 30 Grad die Akkus schnell entladen, mussten die Wissenschaftler*innen vor Ort ihren Laptop zunächst in einen Heizschrank legen. Danach wurde kurzerhand eine Konstruktion zum Warmhalten gebaut, welche aus einem Heizstrahler und einem Pappkarton bestand. Außerdem war ein langes LAN-Kabel von Nöten, da aufgrund von Messungen vor Ort kein Funk verwendet werden kann und wir ermöglichen wollten, dass sich die Besucher*innen in der Arktis umschauen können.

Nach einigen Tests war die Verbindung dann stabil und wir mussten von unserer Seite manuell das Umschalten zwischen der Tafel mit der Handlungsaufforderung und dem Live-Bild sowie die Aktivierung des Silent Disco-Equipments steuern.

Zusammenspiel von Interaktion und Partizipation

Das finale Design fokussiert auf das besondere Besucher*innen-Erlebnis, dass eine andere Form des Wissenserwerbs ermöglicht. Das Zusammenspiel von digitalen Interaktionsmöglichkeiten und Partizipation steht im Mittelpunkt weiterer Testläufe. Zum Schluss konnten wir den Launch einer Radio-Sonde live mitverfolgen.

Beitrag von: Christine Essling

Teilprojekt: RealDigital – Hybride Kultur-Veranstaltungen
Teilprojekt

RealDigital – Hybride Kultur-Veranstaltungen

Objekte erkunden, Besucheridentifikation fördern – durch spielerische Ansätze und interaktive digitale Tools agieren BesucherInnen als KuratorInnen.

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