„Eine virtuelle Zeitreise“ – Eine niedrigschwellige Anwendung zur Erstellung einfacher Augmented-Reality-Rundgänge

Abgebildet ist Text, der App-Nutzer zur virtuellen Zeitreise willkommen heißt.
Eine virtuelle Zeitreise in E.T.A. Hoffmanns Frankfurt, Screenshot: Joshua Enslin, CC0

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Rubrik
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Die vom Freien Deutschen Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum erarbeitete Augmented-Reality-Anwendung, eine „virtuelle Zeitreise in E.T.A. Hoffmanns Frankfurt“, ermöglicht es Benutzenden, sich bei einem Rundgang durch die Frankfurter Altstadt an historisch – und besonders für E.T.A. Hoffmanns „Meister Floh“ – signifikante Orte leiten zu lassen. Dort angekommen, erscheinen historische Abbildungen, vor allem Kupferstiche, auf dem Mobilgerät der Anwendenden. Begleitende Texte ordnen Orte und Abbildungen ein, verbinden die literaturgeschichtlichen und historischen Hintergründe, die abgebildeten Objekte und den heutigen Stadtraum.

Bibliographische Angaben

Institution
Freies Deutsches Hochstift – Frankfurter Goethe-Museum
Teilprojekt
Eine virtuelle Zeitreise in E.T.A. Hoffmanns Frankfurt
Autor*innen
Joshua Ramon Enslin
Veröffentlicht
04.08.2023
Lizenz der Publikation
CC BY 4.0
Kontakt
Joshua Ramon Enslin
Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum
jenslin@freies-deutsches-hochstift.de

Einleitung

Für die Benutzung und Anpassung der im Rahmen des Teilprojektes „Eine virtuelle Zeitreise in E.T.A. Hoffmanns Frankfurt“ erstellten Augmented-Reality-Anwendung benötigt es keinen auf dem Server ablaufenden Code. Dies ermöglicht ein merklich günstigeres und einfacheres Hosting. In diesem Artikel wird die Hosting-Infrastruktur für die Anwendung exemplarisch besprochen.

Entwicklung

Im Rahmen des museum4punkt0-Verbundes beteiligte sich das Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum mit seinem Teilprojekt „Eine virtuelle Zeitreise in E.T.A. Hoffmanns Frankfurt“, in dem die gleichnamige Web-Anwendung entwickelt wurde. Eingesetzt werden sollte sie zuerst begleitend zur großen Ausstellung „Unheimlich Fantastisch – E.T.A. Hoffmann 2022“, die zusammen mit der Staatsbibliothek Berlin und der Staatsbibliothek Bamberg ausgearbeitet worden war und vom 24.11.2022 bis zum 12.02.2023 in Frankfurt zu sehen sein sollte. Dabei sollte sich die „virtuelle Zeitreise“ auf einen besonderen Frankfurter Aspekt fokussieren: Die Frankfurter Stadtgeschichte beziehungsweise Hoffmanns Vorstellung derselben.

Inhaltliches Konzept

Frankfurt ist einer der zentralen Orte in E.T.A. Hoffmanns Märchenroman „Meister Floh“. In diesem werden viele der wichtigen historischen Orte in Frankfurt benannt und beschrieben. Die „virtuelle Zeitreise“ greift die hier genannten Orte (z.B. den Rossmarkt, das Haus Braunfels, das zu E.T.A. Hoffmanns Zeiten die Börse beinhaltete, oder die Hauptwache) auf. Benutzende können sich mit der Anwendung an diese historischen Orte führen lassen und sehen, sobald sie dort ankommen, historische Abbildungen des 19. Jahrhunderts, die dieselbe Perspektive auf den Ort wiedergeben, die die Benutzer gerade eingenommen haben. Dazu finden sich in der Anwendung zu jedem Ort einordnende Texte.

Dabei ist zweierlei wichtig festzuhalten: Einerseits hat Hoffmann selbst Frankfurt nie bereist. Genauso wie wir heute, kannte er das Frankfurt des 18. Jahrhunderts also nur aus Berichten und von Abbildungen – möglicherweise einige derselben Abbildungen, die sich auch in der virtuellen Zeitreise wiederfinden. Andererseits wurde die Frankfurter Innenstadt im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstört. Mit dem folgenden Wiederaufbau veränderten sich teilweise auch die genaue Verortung der Straßen selbst, sodass manche der in den Abbildungen gezeigten Perspektiven heute quasi unmöglich exakt einzunehmen sind – etwa, weil dort, wo der Zeichner gestanden haben muss, heute Gebäude stehen. Technisch gegebene Ungenauigkeiten in der Lokalisierung der Benutzenden sind somit zu einem gewissen Grad entschuldbar – oder besser, sie spiegeln die ungenaue Überlagerung des heutigen Frankfurts mit seinem historischen Zustand wider.

Technisches Konzept

Bei der Umsetzung der Anwendung sollte diese möglichst niedrigschwellig nutzbar und – im Einklang mit den Prinzipien von museum4punkt0 – auch möglichst einfach nachnutzbar und erweiterbar sein. Auch das Reduzieren des später nötigen Wartungsaufwands war – sowohl im Bezug auf die langfristige Stabilität der Anwendung am FDH als auch zur Erleichterung der späteren Nachnutzung – ein wichtiges Ziel.

Um dem Aspekt der Niedrigschwelligkeit und teilweise auch dem der Nachnutzbarkeit zu entsprechen war schnell beschlossen, dass die Anwendung als Web-App umgesetzt werden sollte. So müssen Interessierte nur einem Link folgen oder einen QR-Code einscannen, um die Anwendung aufzurufen und nutzen zu können. Andererseits erspart die ausschließliche Benutzung von Webtechnik nachnutzenden Institutionen die Auseinandersetzung mit App Stores (für die Onlinestellung einer App im Google Play Store wird beispielsweise ein besonderer „Developer Account“ benötigt, der nur mit einer Kreditkartenzahlung eingerichtet werden kann – in Anbetracht der geringen Verbreitung von „wirklichen“ Kreditkarten in Deutschland ist davon auszugehen, dass selbst das schon ein größeres Hindernis in der Nachnutzung von nativen Apps durch kleinere Institutionen sein kann).

Um den absehbaren Wartungsaufwand zu reduzieren, und weil die Anwendung selbst ausstellungsbegleitend geplant war, das heißt, dass nach ihrer initialen Einrichtung nicht von vielen weiterem inhaltlichen Bearbeitungen auszugehen war, entschieden wir uns, nach Möglichkeit eine statisch generierte Web-Anwendung anzustreben. Das heißt, dass die ausgespielten Seiten direkt in ihrer auszuliefernden Form auf dem Server liegen und bis zum nächsten Update mit Sicherheit stabil sind.

Um die gewünschte Funktionalität zu haben, benötigt die Web-Anwendung mindestens zwei Module: Einerseits einen Weg, den Ort der Benutzenden zu erkennen (wahlweise per QR-Code oder per vom Mobilgerät zur Verfügung gestellter Geolokalisierung) bzw. zu erkennen, wann ein Ort erreicht ist und die entsprechenden Daten angezeigt werden sollen. Andererseits benötigt sind natürlich die Anzeige der Daten selbst, sowie die Möglichkeit weitere Seiten – etwa ein Impressum – einbinden zu können.

Implementierung und Inbetriebnahme

Zur tatsächlichen Umsetzung der Anwendung konnte das Freie Deutsche Hochstift die Web- und Designagentur MESO gewinnen. Mit dieser Unterstützung wurde die Anwendung parallel zur tieferen Recherche der Inhalte erstellt. Dabei kam das JavaScript-Framework next.js zur Verwendung, dank dessen sich die tatsächliche Anwendung wie erhofft statisch generieren lässt.

Schon die der konkreten Entwicklung vorausgehende Konzept- und Koordinationsphase zeigte sich sehr produktiv. So führten Diskussionen mit der Agentur zu vielen Detailverbesserungen auch des ursprünglichen Konzeptes. Statt das die Benutzenden durch kleine Abbildungen zu den jeweiligen Orten geführt werden, werden Sie in der tatsächlichen Anwendung über rote, im Raum stehende Punkte, die die geschätzte Entfernung zeigen, und wachsen, je näher man einem gegebenen historischen Ort kommt, angeleitet.

Dazu kam der zentrale Entschluss, Points of View (POV) statt Points of Interest (POI) zur Bestimmung der Anzeige im AR-Modus zu benutzen. Ursprünglich war angedacht, dass Benutzende nur am richtigen Ort stehen müssen, um die historischen Ansichten aufrufen zu können. Mit der Entscheidung für POVs müssen sie auch in die passende Himmelsrichtung schauen (bzw. ihr Mobilgerät entsprechend ausrichten) – also tatsächlich grob dieselbe Perspektive einnehmen, die die Zeichner und Vorlagenersteller der Abbildungen eingenommen haben.

Nach der anschließenden Implementationsphase begann ab Mitte August 2022 bis Mitte Oktober 2022 die abschließende Erprobungs- und Finalisierungsphase. In dieser wurde die Anwendung einerseits in Bezug auf ihr Erscheinungsbild verfeinert, und anderseits mit den Inhalten befüllt und getestet. Zur Testung gingen verschiedene Mitarbeiter des Hauses und der Agentur an die POVs, und probierten die Anwendung mit ihren Endgeräten aus.

Um die Anwendung in realer Umgebung testen zu können luden die Mitarbeiter des Hochstifts die fertig generierte Anwendung auf den öffentlichen Server des Hauses, von dem sie auch heute ausgespielt wird. Erst sehr kurz vor dem geplanten Veröffentlichungstermin zeigte sich so ein gravierendes Problem: Während die Anwendung auf älteren Geräten direkt problemlos zu benutzen war, geben neuere Handys standardmäßig nur eine sehr ungenaue Lokalisierung der Benutzenden heraus. Gemeinsam entschlossen wir uns also, den Prozess zur Freischaltung der genauen Lokalisierung, die für den sinnvollen Einsatz der „virtuellen Zeitreise“ nötig ist, in einem Tutorial, das beim Öffnen der Anwendung erscheint, zu beschreiben.

Nachnutzung und Weiterentwicklung

Die „virtuelle Zeitreise“ ist mit dem auf GitHub zur Verfügung gestellten Code nachnutz- und erweiterbar. Eine vorgenerierte Version der finalen Anwendung mit Beispieldaten, die Nachnutzende auf ihren Webspace hochladen und gemäß der Dokumentation an ihre Bedürfnisse anpassen können, findet sich eben dort verlinkt.

Da der grundlegende Use Case – die ortsbedingte Anzeige von Inhalten in Bild und Schrift – ein extrem häufig auftretendes Ziel ist, sind dabei viele Nachnutzungsszenarien vorstellbar. Vor allem jedoch eignet sich die Anwendung wahrscheinlich für Heimatmuseen und -vereine, die die lokale Ortsgeschichte niedrigschwellig vor Ort und im Netz zeigen möchten, aber nur sehr begrenzte Mittel für das Aufrechterhalten der entsprechenden Infrastruktur haben. Hier ließe sich die Anwendung mit minimalen Anpassungen zur Erstellung regulärer ortsgeschichtlicher Rundgänge nutzen.“

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