27. Januar 2021
Technische Umsetzung, Vermittlungskonzepte

museum x.o – auf dem Weg zum digitalen Museum

Teilprojekt in museum4punkt0 zu Rapid Response, Dialog und Experience: Das Team des Badischen Landesmuseums entwickelt eine modulare Plattform.

Im museum x.o wird von allen NutzerInnen mitgestaltet
Im museum x.o wird von allen NutzerInnen mitgestaltet, Foto: Uli Deck, CC BY 4.0

Im Januar startet am Badischen Landesmuseum in Karlsruhe das Projekt museum x.o, das für ein Jahr im Verbund museum4punkt0 gefördert wird. Im Zentrum steht die Entwicklung einer modularen Digitalplattform, mit der man in Rapid-Response-Szenarien schnell aktuelle Themen aufgreifen, Dialoge zwischen Museen und ihren NutzerInnen auf Augenhöhe und die co-kreative Entwicklung neuer musealer Experiences umsetzen kann.

Geschwindigkeit und Relevanz in der Kultur der Digitalität

Die Geschwindigkeit ist ein zentrales Problem der digitalen Transformation von Museen. Einerseits ist die Kultur der Digitalität durch neue Formen der Sinnbildung sowie kurze Aufmerksamkeitszyklen, rapide technische Entwicklungen und ständiges Experimentieren mit neuen Möglichkeiten geprägt. Andererseits sind klassische Museumsformate wie Ausstellungen aber oftmals mit mehreren Jahren Vorlauf verbunden und können höchstens auf längerfristige Trends in der Gesellschaft reagieren. Auch in der durch Covid-19 ausgelösten Krise ist diese Problematik deutlich geworden. Vor allem in der Anfangsphase dominierten der Rückgriff auf Video- und Podcastformate, das Angebot von Online-Führungen oder Verweise auf digital verfügbare Sammlungen. Dabei handelte es sich oftmals um digitale „Ersatzangebote“, die bei allen Bemühungen eher einen Rückschritt in alte Vermittlungs- und Kommunikationsmuster darstellen. Inzwischen haben sich zwar einige interessante Angebote entwickelt, aber auch größere Häuser mit voll entwickelten digitalen Strategien tun sich nach wie vor schwer, schnell auf die Spezifika der neu eingetretenen Situation zu reagieren. Es fehlt schlicht an dezidiert für das Digitale entwickelten Formaten.

Module der Plattform museum x.o
Die drei Module der Plattform museum x.o, Foto: Johannes Bernhardt, CC BY 4.0

Rapid Response, Dialog und Experience

Das Projekt museum x.o geht diese Problematik direkt an. Nicht nur in der aktuellen Krise und ihren Folgewirkungen, sondern ganz allgemein können Museen ihre gesellschaftliche Relevanz erhöhen, wenn sie sich und ihre Inhalte zu aktuellen Themen in Stellung bringen, Krisensituationen, Kontroversen oder popkulturelle Phänomene aufgreifen und eine Plattform für gesellschaftlichen Diskurs bieten. Ziel des Projekts ist daher die Entwicklung einer digitalen Plattform, die die Geschwindigkeit des Digitalen nutzt, um auf aktuelle Entwicklungen flexibel zu reagieren, die NutzerInnen kollaborativ einzubinden und Angebote mit hohem Impact zu entwickeln. Zugleich können durch die Verfügbarkeit einer Plattform aber auch klassische Formate wie Ausstellungen von vornherein in Verschränkung zum Digitalen gedacht und systematisch für Partizipation und user generated content geöffnet werden. Deshalb ist die Plattform von Anfang an mit zwei Ausstellungsprojekten als Use Cases verknüpft: Der für Herbst 2021 geplanten Ausstellung „Göttinnen des Jugendstils”, für die bereits ein Outreachkonzept in Arbeit und ein Plattformmodell zur Verknüpfung digitaler und analoger Angebote angedacht sind, sowie die für Herbst 2022 angesetzte Ausstellung „Attische Demokratie”, die sich für den hier verfolgten Ansatz und partizipative Formate ganz besonders eignet. Das museum x.o kann dabei die Freiheiten des digitalen Raumes voll auszunützen und ihn mit speziell dafür entwickelten Formaten für die Museen erschließen.

NutzerInnenzentrierte Entwicklung und Nachnutzbarkeit

Da das Badische Landesmuseum in den nächsten Jahren grundsaniert und teilweise oder ganz geschlossen sein wird, ist die Entwicklung eines digitalen Museums in Form einer Plattform sowohl kurz- als auch langfristig im Grunde zwingend und kann auch nach Auslaufen des Projekts produktiv für die Publikumsarbeit weitergeführt werden. Um die Nutzung für andere Museen, Verbundprojekte mehrerer Häuser sowie die Integration künftiger technischer Entwicklungen zu ermöglichen, wird die Plattform vollständig Open Source entwickelt. Ein weiterer wichtiger Grundstein ist die NutzerInnenzentrierte Entwicklung der Plattform. Begleitet wird das Projekt durch eine Kooperation mit dem Karlsruher Institut für Technologie und dem SUGAR-Netzwerk. In diesem Rahmen wird sich ein interdisziplinäres Team von Studierenden aus Karlsruhe und Warschau bis zum Sommer 2021 mit dem Neudenken des Museums im digitalen Raum beschäftigen und dabei nicht nur vom Museumsteam, sondern auch von ExpertInnen aus den Feldern Design Thinking und Innovationsmanagement betreut. Die Ergebnisse aus diesem Prozess können in das museum x.o aufgenommen werden und stellen gemeinsam mit weiteren Design Thinking Prozessen im Badischen Landesmuseum die NutzerInnenzentrierte Entwicklung der Plattform sicher.

Das Team museum x.o
Das Team museum x.o: Anjuli Spieker, Christiane Lindner und Silke Hockmann, Screenshot: Christiane Lindner, CC BY 4.0

Das Projektteam museum x.o

Für die Entwicklung der Plattform, Formate und Inhalte zuständig sind wir: Christiane Lindner als Projektleiterin, Silke Hockmann und Anjuli Spieker als Use Case Managerinnen für die Ausstellungen „Göttinnen des Jugendstils“ und „Attische Demokratie“. Am Projekt museum x.o reizt uns vor allem das große kreative und kollaborative Potential. Wir sehen die Plattform als Chance, neue NutzerInnen-Zugänge zu erschließen und Formate zu etablieren, die eine lebendige und personalisierte Museumserfahrung ermöglichen. Unser Ziel ist es die NutzerInnen dort abzuholen, wo sie sind, direkt an ihren Bedürfnissen anzusetzen und von überall aus selbstständige Teilhabe zu ermöglichen. Im digitalen Raum sind die NutzerInnen ja ohnehin längst zu ProduzentInnen ihrer eigenen Inhalte geworden. Die per se partizipativ angelegte Kultur der Digitalität und die damit einhergehenden Erwartungen zwingen uns regelrecht dazu, neue Formate zu entwickeln und über neue Zugänge nachzudenken um relevant zu bleiben. Es ist fantastisch, dass wir mit museum x.o die Chance haben ganz grundsätzlich über die Essenz des Museumserlebnisses nachzudenken und zu versuchen, genuin digitale Ausdrucksformen dafür zu finden. Im besten Fall gehen wir mit dem museum x.o die ersten Schritte hin zu einem digitalen Museum, das wir gemeinsam mit den NutzerInnen gestalten und in dem ganz neue Erlebnisse entstehen, die das analoge Museum in den digitalen Raum erweitern.

Wie genau die Plattform in einem Jahr aussehen wird, wissen wir noch nicht. Fest steht aber, es wird eine aufregende Reise, auf die wir uns gemeinsam mit den NutzerInnen, den Studierenden aus dem SUGAR-Projekt und unseren KollegInnen im Badischen Landesmuseum begeben. Deshalb freuen wir uns auch sehr, im Verbund museum4punkt0 dabei zu sein und im regen Austausch mit den MitstreiterInnen aus den anderen Häusern unsere Projekte voranzutreiben. Wir wünschen uns allen ein spannendes Jahr 2021!

Ein Beitrag von: Silke Hockmann, Christiane Lindner und Anjuli Spieker

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Teilprojekt: museum x.o
Teilprojekt

museum x.o

Das museum4punkt0-Team des Badischen Landesmuseum entwickelt eine co-kreative Plattform, die digitale Partizipation auf Augenhöhe anbietet.

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