Die Entwicklung digitaler Experimentierflächen für interaktive Wissensvermittlung: Vom VRlab zum Proxy
Überblick
Information und Dokumentation
Verwandte Ergebnisse
Im Rahmen des Projekts „Perspektiven dreidimensionaler Visualisierungen in der musealen Vermittlung“ wurden am Deutschen Museum in München offene und dynamische Experimentierräume für 3D-Visualisierungen und digitale Innovationstechnologien geschaffen. Das „VRlab“ war der erste Schritt, gefolgt von der Eröffnung des “Proxy” als Weiterentwicklung und nächster Evolutionsstufe. Während des Betriebs des VRlabs von 2018 bis 2022 wurden die Möglichkeiten und Potentiale von vielfältigen 3D-Visualisierungsmethoden in der Wissensvermittlung kontinuierlich erforscht und optimiert. Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dieser Zeit kulminierten dann in der Konzeption und Umsetzung des Proxy. In diesem Bericht werden die bedeutendsten Neuerungen, Konzepte und Erkenntnisse der zweiten Erweiterungsphase von 2021 bis 2023 vorgestellt.
Bibliographische Angaben
- Institution
- Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik
- Teilprojekt
- Perspektiven dreidimensionaler Visualisierungen in der musealen Vermittlung
- Autor*innen
- Alexander Schmidt
- Veröffentlicht
- 05.07.2023
- Lizenz der Publikation
- CC BY-SA 4.0
- Kontakt
- Deutsches Museum Digital
Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik
digital@deutsches-museum.de
Einleitung
Im Zuge der Realisierung des Projekts „Perspektiven dreidimensionaler Visualisierungen in der musealen Vermittlung“ am Deutschen Museum in München war es stets eine der Hauptbestrebungen, einen offen zugänglichen, dynamischen Experimentierraum für 3D-Visualisierungen zu etablieren. Zu diesem Zweck wurde bereits mit Aufnahme dieses museum4punkt0 Teilprojekts mit der Konzeption und Umsetzung des „VRlab“ begonnen. Der Name VRlab nimmt hierbei auf die für Besucher*innen zugänglichen gläsernen Labore des Deutschen Museums Bezug und signalisiert dadurch, dass hier Forschung sowie Technik hautnah erlebbar und mitgestaltbar sein soll. Dieses VRlab wurde im August 2018 eröffnet und den Museumsbesucher*innen zugänglich gemacht.
In der fortlaufenden Interaktion mit einem internationalen Publikum, das Menschen jeden Alters und verschiedenster Vorkenntnisse umfasst, wurden die Möglichkeiten und Potenziale dreidimensionaler Visualisierungsmethoden während regulären Öffnungszeiten und bei besonderen Veranstaltungen kontinuierlich erkundet, hinterfragt und optimiert. Auf diese Weise wurde geprüft und festgestellt, welche Anforderungen und Potentiale für effektive Wissensvermittlung und bereichernde Erfahrungen mit diesen Technologien gegeben sind.
Im Anschluss an die gelungene Implementierung und den Betrieb des VRlabs von 2018 bis 2022 mit 21776 erfassten Teilnehmer*innen am VR-Erlebnis kulminierten die gewonnenen Erkenntnisse, wissenschaftlichen Ergebnisse und Erfahrungen, sowie die gesammelte Begeisterung schließlich in der Entwicklung und Eröffnung des „Proxy“ als erweitertes Konzept und nächsten Evolutionsschritt. Benannt nach den gleichnamigen, weitverbreiteten Vermittlungs- und Kommunikationsschnittstellen in Computernetzwerken, verfeinerte und erweiterte das Proxy das bewährte Konzept des VRlabs auf einer größeren Fläche. Es integrierte dabei zusätzliche Aspekte wie einen allgemeineren Fokus auf innovative Digitalformate, sowie Workshops, Co-Creation und umfangreiche Kooperationsprojekte.
Im Folgenden werden die bedeutendsten Neuerungen, Konzepte und Learnings dieser zweiten Erweiterungsphase 2021 – 2023 dargelegt. Details zur ersten Umsetzungsphase 2018 – 2020 finden sich im vorhergehenden Artikel (Geipel 2020).
Umgang mit der COVID-19-Pandemie
Auch der Betrieb des VRlabs blieb von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie nicht verschont. Nicht nur war es als Teil der Ausstellungen des Deutschen Museums ebenfalls von den umfassenden Schließungen und Lockdowns betroffen, es gab auch zahlreiche Herausforderungen zu bewältigen für ein Konzept, das so inhärent auf intimen Kontakt mit Technologie setzt und auf direkte persönliche Betreuung angewiesen ist.
Während im VRlab seit dessen Gründung bereits ein umfangreiches und kontinuierlich ausgearbeitetes Hygienekonzept zum Einsatz kam, wurde dieses zur Neueröffnung unter pandemischen Bedingungen erneut erweitert, um gesteigerte Sicherheit zu gewährleisten.
Im Rahmen einer Aktualisierung der zum Einsatz kommenden Technologien wurde so unter anderem auch auf die neuen VR-Headsets “Valve Index” gesetzt, da diese auch im Hinblick auf Hygienekriterien der Konkurrenz einige Schritte voraus waren. Hervorzuheben ist hier z.B. die Möglichkeit zur schnellen, magnetischen Austauschbarkeit der Gesichtsmasken, die den Hauptkontaktpunkt zwischen Nutzer*innen und Technik in einer sensiblen Region darstellen. Dies ermöglichte durch Anschaffung zusätzlicher Gesichtsmasken eine noch ausführlichere Desinfektion mit langer Einwirkungsphase, ohne dabei den Betrieb mit zusätzlichen Wartezeiten zu belasten. Aber auch die Lautsprecher, die bei der Valve Index nicht mehr auf den Ohren aufliegen, sondern nur in deren Peripherie platziert sind, lieferten mehrere Vorteile: Die Besucher*innen waren nicht mehr vollkommen von ihren Außengeräuschen isoliert, was eine Kommunikation ohne Verzicht auf den akustischen Teil des VR-Erlebnisses erleichterte. Ein wichtiger Umstand in einer Zeit, in der Masken essentiell und jeder Zentimeter Abstand wertvoll ist. Ebenso wurde so eine weitere Kontaktfläche mit den Besuchenden eliminiert, die potentiell Keime übertragen könnte. Alle verbleibenden Kontaktflächen des Headsets wurden mit entsprechenden Kunstlederüberzügen versehen, die gründlicher zu reinigen und im Zweifelsfall einfach austauschbar sind. Durch ausführliche Reinigung und Desinfektion aller Geräte nach jeder Nutzung konnte so maximale Sauberkeit gewährleistet werden.
Da unter pandemischen Bedingungen allerdings auch jeder zwischenmenschliche Kontakt auch bei höchster Sorgfalt ein Risiko darstellte, mussten wir uns auch hier bemühen, diesen auf die nötigsten und bereicherndsten Interaktionen zu reduzieren. So wurde den neuen VR-Sequenzen ein ausführliches interaktives Tutorial hinzugefügt, das den Teilnehmer*innen anhand von spielerischen Beispielen die wichtigsten Interaktionsmöglichkeiten erläuterte. So konnte in Kombination mit der gesteigerten Intuitivität und klareren Narration innerhalb der Nutzung größtenteils auf persönliche Einweisung verzichtet werden. Das Betreuungspersonal stand so für fachliche Rückfragen und zur Hilfe bei Bedienungsproblemen zur Verfügung und konnte leichter einen geregelten organisatorischen Ablauf und die Einhaltung von Schutzmaßnahmen beaufsichtigen. Supplementiert wurde dies mit einem illustrativen Video zum Onboarding und den wichtigsten Rahmenbedingungen für die VR-Erfahrungen, welches bereits im Anmeldebereich mehrsprachig zur Verfügung stand. So wurde auch hier die Informationslast reduziert, die den Nutzer*innen unmittelbar vor der Erfahrung kommuniziert wird, was auch nach Abklingen der Pandemie positive Effekte auf den Betrieb zeigte, wie z.B. eine gesteigerte Parallelisierbarkeit der Einweisungen.
Neben derartigen Spezialmaßnahmen wurden selbstverständlich auch die allgemein gängigen Hygiene- und Schutzmaßnahmen umgesetzt, wie Management des Besucher*innenflusses, allgegenwärtige Desinfektionsmöglichkeiten, Kontaktverfolgung, Terminregularien, Limitierung der parallel anwesenden Personen und maschinelle Luftreinigung sowie Lüftungskonzepte.
Die unvermeidlichen gesetzlichen Schließungszeiten wurden indes dazu genutzt, um erweiterte, alternative und neue Nutzungskonzepte für die Räumlichkeiten zu erforschen und zu testen. Dies beinhaltete u.a. 3D-Projektionen, Cave-Projektionen, und Gestensteuerung.
Konzepterweiterung: Aus VRlab wird Proxy
Im Verlauf des Jahres 2022 wurde der ehemalige Kongresssaal in das “Forum der Zukunft” umgewandelt und als der neue Veranstaltungsort des Deutschen Museums mit einem Fokus auf die aktive Mitgestaltung der Zukunft durch Veranstaltungen, Workshops und Präsentationen eröffnet. Gleichsam musste das VRlab seine bisherigen Räume im April 2022 permanent aufgrund der Sanierungsarbeiten am Deutschen Museums im Rahmen der Zukunftsinitiative schließen. Durch die thematische Nähe beider Projekte lag die Integration der nächsten Iteration des Konzepts VRlab im neuen Forum der Zukunft auf der Hand. So wurde das VRlab nach seiner Schließung in die neuen, größeren Räumlichkeiten transferiert und das Konzept in diesem Zuge weitreichend erweitert. Zielsetzung war unter anderem die Verstetigung des vielversprechenden Projekts im Rahmen des Deutschen Museums auch weit über die Laufzeit und Finanzierung durch museum4punkt0 hinaus.
Das Konzept „Proxy“: Die Vermittlungsschnittstelle für digitale Innovationen
Das Kernelement und die ursprüngliche Hauptaufgabe des Projekts Proxy war die Fortführung und Erweiterung des etablierten VRlabs innerhalb des neuen Rahmens. Dabei fanden alle ursprünglichen Elemente — die beiden VR-Freiflächen und der VR-Fahrsimulator — eine neue Heimat im Proxy und wurden für einen regelmäßigen Öffnungsbetrieb zugänglich gemacht.
Die Vision ging jedoch über eine bloße Verpflanzung des VRlabs hinaus. Stattdessen wurde das Projekt um zusätzliche Dimensionen erweitert, die in vorhergehenden Tests, wie beispielsweise bei Sonderevents, Potential bewiesen hatten oder die aus umfangreichen Erhebungen und Erfahrungsanalysen als vielversprechende Erweiterungsmöglichkeiten hervorgegangen waren. Darauf aufbauend wurde das Konzept unter anderem um einen ko-kreativen Arbeits- und Experimentierraum, eine großzügige Projektions- und Präsentationsfläche, einen dedizierten Empfangsbereich, zusätzliche Lagerflächen und im Allgemeinen um modulare und flexible Einrichtungen erweitert.
Dies ermöglichte es dem Projekt Proxy, nicht nur einen sicheren Regelbetrieb der VR-Flächen zu gewährleisten, sondern auch vielseitige und aufregende Alternativkonzepte mit minimalem Vorbereitungsaufwand effektiv umzusetzen. Damit konnte es seinen Besucher*innen und interessierten Kooperationspartner*innen zahlreiche zusätzliche Facetten anbieten. So profilierte es sich sowohl als ausdrucksstarker Bestandteil großer Veranstaltungen, die das gesamte Forum der Zukunft umfassten, wie das „Festival der Zukunft 2022“, oder als eigenständiger Veranstaltungsort für Ausstellungen, Workshops, Praktika, Forschungsinstallationen und vieles mehr.
Inhaltliches Konzept
Zunächst begann das Proxy-Projekt damit, die in Kooperation mit VR-Dynamix umfassend ausgearbeiteten Inhalte des VRlabs auf den VR-Flächen zu präsentieren. Dies umfasste die bewährte und weiterentwickelte Palette an faszinierenden virtuellen Welten, von der Präzisions-Ventil-Dampfmaschine der Gebrüder Sulzer in Aktion, über Otto Lilienthals Flüge mit dem Lilienthalgleiter und die Montage sowie Testfahrt des Benz Patent-Motorwagens, bis hin zur Erkundung des Taurus-Littrow Tals auf der Mondoberfläche im Rahmen einer Apollo-Mission — einschließlich der Möglichkeit, mittels des VR-Fahrsimulators selbst am Steuer des Lunar Roving Vehicle zu sitzen.
Dank der umfangreichen Ausstattung und der flexiblen Einrichtung des Proxy konnte den Besucher*innen jedoch weit mehr geboten werden als nur die Reisen in bereits bekannte virtuelle Welten. So eröffnete es ebenfalls verschiedenste Möglichkeiten, auch in nahezu beliebige andere virtuelle und augmentierte Realitäten einzutauchen. Beispiele hierfür sind interaktive Erlebnisse wie das Schwimmen als Delfin in „How is the Water“ in Kooperation mit Cyan Planet und dem XR HUB Bavaria, die Erkundung der International Space Station in „Space Explorers“ von Felix & Paul Studios oder das Nachempfinden der bedrückenden Atmosphäre des Olympia-Attentats in „München 72“, präsentiert durch den Bayerischen Rundfunk.
Aber auch eigene Projekte konnten adäquat präsentiert und getestet werden. So beispielsweise die Ergebnisse der Digital Residencies, die im Rahmen des Dive In Projekts „Invite to Innovate“ ermöglicht wurden — darunter eine durch Merlin Stadler realisierte künstlerische Auseinandersetzung mit Exponaten des Museums rund um das Anthropozän am Ende der Welt und mit „Light in Darkness“ von Sophie Dixon eine künstlerische Neuinterpretation von astronomischen Geräten durch künstliche Intelligenz und kreative Wirkungsprozesse.
Darüber hinaus öffnete das Proxy außerhalb der regulären Öffnungszeiten auch Raum für andere Nutzungskonzepte und didaktische Ansätze, etwa für geplante VR-Schulungen für Einsatzkräfte der Feuerwehr oder einen Beitrag zum Metaverse, der durch Pro7 zusammen mit dem Team vor Ort aufgrund der verfügbaren Technik und Expertise umgesetzt wurde.
Die umfangreiche technische Ausstattung und gesammelte Expertise des Projekts dienten zudem als Plattform für geplante Universitätspraktika und Forschungsszenarien unter anderem in Zusammenarbeit mit der LMU München, beispielsweise in den Bereichen VR/AR-Anwendungsentwicklung und Wahrnehmungsforschung. Auch die museale Forschung war integraler Bestandteil des Projekts, sodass das Deutsche Museum selbst oder gemeinsam mit anderen Kultureinrichtungen neue Anwendungsszenarien digitaler Innovationstechnologien entwickeln, testen und evaluieren konnte, so z.B. Multi-User VR, Telepräsenz und der Einsatz brillenloser 3D Displays.
Zuträglich hinsichtlich dieser Bestrebungen war jedoch nicht nur der zentrale digitale Experimentierraum, der flexibel für die Installation und Anpassung verschiedenster VR-Flächen, AR-Aufbauten, Projektionen und Geräte genutzt werden konnte. Auch der ko-kreative Arbeitsraum erwies sich als essentiell, indem er durch seine variable Einrichtung sowohl produktive Kollaborationskonzepte als auch effektive Testflächen ermöglichte. Diese Flächen ließen auch parallel zu einem regulären Betrieb experimentelle Aufbauten zu und ermöglichten den Besucher*innen Einblicke in und Mitwirkungsmöglichkeiten an aktuellen Forschungsvorhaben parallel zu ihrer üblichen Partizipation an feingeschliffenen und kuratierten Erfahrungen. Besonders auch dieser enge Kontakt zu aktuell relevanter Wissenschaft sorgte für Begeisterung.
Wesentliche Beiträge lieferte dieses Gesamtkonzept so zur Realisierung, Präsentation, Auswertung und Weiterentwicklung von Projekten wie dem gestengesteuerten Hologram-Exponat „Mixhibit“ von MOTOMOTO, dem „Forum der Vergangenheit“ von Active Fungus — einem digitalen Escape Room, der verschiedene prägnante Geschichtsabschnitte des historischen Gebäudes des Forums der Zukunft spielerisch erlebbar macht — und dem „Virtual Museum“ von Straightlabs, das eine niedrigschwellige didaktische Aufbereitung und parallele Ausgabe von digitalen 3D-Exponaten auf diverse Endgeräte ermöglicht.
All dies erweiterte den ursprünglichen Möglichkeitenraum des VRlabs enorm und machte Proxy so zu einem zentralen Treffpunkt für Austausch, Vermittlung, Innovation und Kreativität in der Welt aktueller Digitaltechnologien.
Technisches Konzept & Ausstattung
Mehr noch als das VRlab wurde das Proxy mit dem Ziel konzipiert, eine möglichst flexible und effiziente Experimentierfläche für verschiedenste Anwendungsszenarien zu bieten. Um dies zu ermöglichen, war die Schaffung einer durchdachten und robusten technischen Infrastruktur essentiell. Im Folgenden findet sich ein Überblick über die etablierten technischen Rahmenbedingungen und die dahinterliegenden Gedanken.
Um vielseitige und anpassungsfähige Installationen realisieren zu können, wurden die Räumlichkeiten zunächst mit einem maßgeschneiderten Traversensystem versehen. Im Hauptraum mit der digitalen Experimentierfläche wurden robuste Traversen mit 30 cm Durchmesser verwendet, um Tragfähigkeit und stabilen Stand auch für große Aufbauten zu gewährleisten. Im ko-kreativen Arbeitsraum hingegen wurden leichter umbaubare Traversen mit 20 cm Durchmesser genutzt, da diese im Gegensatz zum Aufbau im anderen Raum häufiger für unterschiedliche Anwendungsszenarien adaptierbar sein sollten. Dieses handlichere System war zudem als Testblase intendiert, um aus unserem Konzept ein in sich geschlossenes System zu entwickeln, welches dann in vereinheitlichter und vereinfachter Form niedrigschwellig auch von anderen Institutionen umgesetzt werden kann. Auch im Proxy bewährten sich diese Traversensysteme erneut, um komplexe Technikinstallationen verhältnismäßig unkompliziert und dennoch sicher und ästhetisch ansprechend zu gestalten — insbesondere in historischen Gebäuden, die oftmals nicht ausgelegt sind für die Installation einer derartigen technischen Infrastruktur.
Das Traversensystem wurde zudem mit einem vollständig programmierbaren und fernsteuerbaren Beleuchtungssystem ausgestattet. Dadurch konnte die Beleuchtung flexibel an verschiedene Ausstellungskonzepte angepasst und damit schnell auf neue Anforderungen reagiert werden. Zu beachten ist dabei, dass auch energieeffiziente LED-Scheinwerfer ab gewissen Lichtstärken eine aktive Kühlung erfordern und daraus resultierende Geräuschkulissen in Nutzungskonzepten berücksichtigt werden müssen.
Darüber hinaus wurde eine anspruchsvolle Surround-Sound-Anlage inklusive Subwoofer in das Traversensystem integriert. Alle Bestandteile dieser Anlage konnten über ein professionelles USB-Interface von einem zentralen Punkt aus gesteuert werden. Dies ermöglichte eine immersive Klangkulisse für Rauminstallationen, einfache Hintergrundbeschallung oder aber Akustik für unterschiedliche parallele Anwendungszwecke. In Arbeit war ebenfalls die Integration von Mikrofonen, um hürdenlos Präsentationen, Vorträge, Diskussionen, Workshops, Online-Veranstaltungen und Live-Streams zu ermöglichen.
Selbstverständlich wurde auch für die visuelle Darstellung eine umfangreiche Infrastruktur umgesetzt. An den Wänden der VR-Flächen wurden Monitore angebracht, die es auch Umstehenden ermöglichten, Einblicke in die Erlebnisse der Teilnehmer*innen zu erhalten. In einigen Fällen wechselten wir auf OLED-Monitore aufgrund der besseren Bilddarstellung in verschiedenen Lichtverhältnissen. Die zuvor genutzten Plasma-Monitore verfügten zwar über 3D-Darstellung mittels Shutter Brillen, allerdings fand dieses Feature in unserer Erfahrung keine Anwendungsszenarien, für die Alternativen nicht besser geeignet waren.
Für Monitore, die nicht an der Wand oder den Traversen befestigt werden konnten, standen roll- und höhenverstellbare Ständer zur Verfügung, um eine flexible Raumgestaltung zu ermöglichen.
Als viable Alternative zu Monitoren waren zudem Projektionsleinwände vorhanden. Zusammen mit diesen konnten die Projektoren verwendet werden, die bereits im Rahmen der Tests zusätzlicher Nutzungskonzepte für das VRlab angeschafft und evaluiert wurden. Nach fertigem Ausbau hätte dies die Möglichkeit geboten, nahezu jede Wand des Hauptraums vollständig zu bespielen. Mit einer jeweiligen Helligkeit von über 10.000 ANSI Lumen und einer Auflösung von 1920 auf 1200 Pixel erzielten wir hier sowohl in 2D als auch in 3D exzellente Ergebnisse. Zur Aufprojektion wurden auf Rahmen gespannte Leinwände genutzt, die übergangsweise noch am Boden aufgestellt wurden. Im finalen Konzept waren diese Rahmen jedoch in maßgeschneiderter Form zum Einhängen in das Traversensystem intendiert, auf dass sie sich nahtlos in das restliche Raumkonzept integrieren.
Sollte für verschiedene Nutzungskonzepte die Bespielung weiterer Wände dienlich sein, standen weitere kleinere Projektoren zur schnellen Installation zur Verfügung. Besonders nützlich waren dabei kleine Multimedia-PCs, die problemlos zusammen mit den Projektoren in das Traversensystem integriert werden konnten. Trotz ihrer handlichen Größe bieten diese PCs genügend Leistung, um Multimedia-Inhalte abzuspielen und bequem ferngesteuert zu werden. Ein Beispieleinsatz war das Festival der Zukunft, bei dem spontan im umgebauten Eingangsbereich ein Trailer-Video zur Veranstaltung gezeigt wurde.
Das umfangreiche Multimediasystem des Proxy wurde durch eine integrierte Netzwerk-Infrastruktur zusammengeschaltet, welche sowohl zahlreiche in den Räumen verteilte LAN-Anschlüsse als auch flächendeckendes WLAN bot. Ein Serverschrank im Lagerraum verknüpfte alle Komponenten und sollte langfristig auch zusätzlich abrufbare Rechenkapazität bieten, die dann auf den Flächen verteilte Rechner ersetzen könnte.
In der Zwischenzeit wurden für die einzelnen Flächen weiterhin Desktop-PCs verwendet, die schrittweise auf den neuesten Stand gebracht wurden. In diesem Zuge sollten die Computer ebenfalls auf das Traversensystem verlegt werden, um weniger Raum einzunehmen und unbefugten Zugriff zu verhindern. Dabei war ein positiver Nebeneffekt die Reduzierung der Kabelwege für kabelgebundene VR-Brillen. Durch eine indessen entwickelte Hardware-Lösung, die Verlängerungen von bis zu 10 Metern ohne signifikante Latenzverluste ermöglicht, fällt dies zwar weniger ins Gewicht als noch zu Zeiten des VRlabs, allerdings ist natürlich weiterhin jede Einsparung bei der benötigten Mindestkabellänge begrüßenswert. Besonders in einer Zeit, in der zu verarbeitende Datenmengen aufgrund von Fortschritten bei Displayauflösung und -wiederholrate rapide ansteigen.
An VR-Hardware wurden im Proxy Valve Index-Brillen für alle eigenen VR-Installationen verwendet. Trotz des voranschreitenden VR-Hardwaremarkts boten diese Brillen weiterhin eine beeindruckende Kombination aus technischer Raffinesse und praktischen Aspekten wie der Möglichkeit zur hygienischen Reinigung. Zum Zeitpunkt der Einrichtung gab es zudem noch keine kabellosen Brillensysteme, die unseren Anforderungen gerecht wurden. Obwohl diese für Einzelanwendungen bereits stabil liefen, traten immer noch Probleme auf, wenn die kabellose Verbindung durch Interferenzen gestört wurde. Zum Beispiel, wenn viele elektronische Geräte in der Umgebung gleichzeitig genutzt wurden, wie unsere weitere technische Ausstattung und Mobilgeräte der Besucher*innen, oder benötigte direkte Sichtlinien für stabiles WiFi-Streaming nicht garantiert werden können.
Das Tracking der VR-Hardware erfolgte weiterhin mit dem Lighthouse 2.0-System, das eine präzise Erfassung der Bewegungen in allen Bereichen gewährleistete, unabhängig von Lichtverhältnissen, der Position und Ausrichtung der Besucher*innen oder der Verdeckung einzelner Sichtachsen.
Als Controller kamen HTC Vive Pro Controller zum Einsatz, die zwar weniger ausgefeilt und immersionsstützend waren als Valve Index Controller, aber für neue Nutzer*innen intuitiver und einfacher zu bedienen und für das Personal leichter zu reinigen waren. Diesen Kompromiss waren wir bereit einzugehen, da die größte Herausforderung bei der Nutzung der Erlebnisse nach wie vor die Einweisung war, begründet in der überwiegenden Mehrheit von Nutzer*innen, die mit derartiger Technik noch unvertraut sind.
Für Inhalte von Dritten oder Kooperationspartner*innen standen jedoch auch zahlreiche andere VR-Ökosysteme zur Verfügung, um den jeweiligen Anforderungen entsprechend flexibel reagieren zu können.
Der Fahrsimulator wurde in seiner im VRlab etablierten Form ins Zentrum des Proxy integriert, um als beliebte Erfahrung den Besucher*innen schnellstmöglich wieder zur Verfügung zu stehen. Langfristig war jedoch geplant, ihn in eine mobile Version umzugestalten. Die VR-Technologie und Rechenleistung sollten in das Traversensystem verlagert und der Monitor an einer passenden, an die Decke klappbaren Aufhängung befestigt werden. In Kombination mit einer weniger raumgreifenden Verschalung wäre so ein Fahrsimulator entstanden, der nicht nur bei gleicher Funktionalität weniger Platz benötigt, sondern auch durch schnelle Verschiebbarkeit den Raum für alternative Nutzungskonzepte eröffnet hätte. So zum Beispiel Multi-User VR-Erlebnisse, temporäre Ausstellungen, großflächige Augmented Reality-Tests oder erweiterte Bestuhlung für Vorträge.
Getestet wurde ebenfalls der Einsatz eines 3D-Displays, das es mehreren Personen gleichzeitig aus verschiedenen Blickwinkeln ermöglicht, dreidimensionale Digitalisate zu betrachten, ohne dabei 3D-Brillen zu erfordern. Dadurch wurde die Sichtbarkeit der umfangreichen Digitalisierungsbemühungen des Deutschen Museums Digital verbessert, welche bisher eher hinter den Kulissen stattfanden. Zukünftig waren auch Tests für Konzepte geplant, die über die reine Visualisierung durch Animationen hinausgingen. Aufgrund der vielen gleichzeitig berechneten Betrachtungswinkel erfordern interaktive Echtzeitanwendungen hier jedoch erhebliche Rechenleistung. Eine Kombination aus interaktiven Sequenzen mit vorberechneten Animationen scheint dementsprechend für solche Anwendungen am besten geeignet zu sein.
Letztendlich lassen sich aber natürlich nicht alle Anforderung durch den reinen Einsatz modernen Technologien „erschlagen“. Auch viele andere Faktoren spielten eine wichtige Rolle für den Erfolg des Konzepts Proxy, darunter auch die reguläre Einrichtung. Gegenüber dem VRlab gab es die folgenden relevanten Neuerungen.
In den neuen Räumen wurde die Begrenzung der Freiflächen nicht mehr durch Randmarkierungen, sondern durch Teppiche symbolisiert. Dies war nicht nur für Außenstehende leicht verständlich, sondern bot den Teilnehmenden an VR-Erlebnissen neben den virtuellen Grenzvisualisierungen einen zusätzlichen sensorischen Reiz in Form einer abweichenden Bodenstruktur.
Den Räumlichkeiten wurden zudem abschließbare Schließschränke hinzugefügt, so dass alle Besucher*innen sich sorgenfrei von so viel mitgebrachtem Ballast befreien konnten wie möglich, um ein möglichst ungestörtes und dadurch immersives Erlebnis zu genießen.
Eine Sitzlandschaft in den Farben des Mondgesteins lud zum Verweilen, Beobachten und Diskutieren ein und konnte bei Bedarf schnell entfernt werden, um Platz für andere Nutzungsszenarien zu schaffen. Es stand immer eine vollständige Bestuhlung bereit, um nahtlos zu formellen Präsentationen jeder Größe wechseln zu können. Ein höhenverstellbarer und rollbarer Präsentationstisch wurde den Vortragenden zur Verfügung gestellt, und hängende Schallelemente sorgten für eine optimierte Akustik. Hierbei gab es jedoch weiteres Verbesserungspotenzial, weshalb auch schallabsorbierende Elemente an der Decke angebracht werden sollten.
Geschätzt vom Betreuungspersonal war auch ein Set an Standhockern, mithilfe derer ein Dialog auf Augenhöhe weiterhin möglich, aber ebenfalls eine angenehmere Position einnehmbar war als ein ungestützter Stand. Darüber hinaus waren in den Räumen einige Drehstühle vorhanden. Sowohl solche ohne Rollen, beispielsweise für den Konsum von 360°-Inhalten mit drei Freiheitsgraden, als auch solche mit Rollen, die besonders für Personen mit eingeschränkter Mobilität eine willkommene Unterstützung auf den VR-Flächen mit sechs Freiheitsgraden waren.
Tensatoren ermöglichten zudem eine bessere Besucher*innenführung und die Platzierung spürbarer, aber ungefährlicher Begrenzungen, deren Bänder insbesondere bei „blinden“ Kollisionen mit Körper oder Händen von VR-Teilnehmer*innen keinen Schaden anrichten.
Letztendlich ist auch die Relevanz von ordentlich ausgestatteten Arbeitsplätzen für das Betreuungsteam und Workshops sowie ein abschließbares Schranksystem zur Organisation, Aufbewahrung und gleichzeitigen Aufladung der vielen Technik zu unterstreichen.
Im Rahmen unserer kontinuierlichen Bedarfsanalyse entdeckten wir zudem zwei zusätzliche wertvolle Erweiterungen, die allerdings während des verbleibenden Betriebszeitraums nicht mehr umgesetzt werden konnten. Zum einen hätte eine umfangreiche Ausstattung mit Internet of Things-Geräten den Auf-, Um- und Abbau verschiedener Nutzungsszenarien beschleunigen können. Automatisierte Programme zum Wechsel zwischen den Szenarien hätten beispielsweise die entsprechenden Geräte aktivieren, adaptieren oder deaktivieren können. Die programmierbare Lichtanlage war bereits ein erster erfolgreicher Schritt in diese Richtung. Zum anderen wären zusätzliche Displays hilfreich gewesen, die potenzielle Besucher*innen über das aktuelle und zukünftige Angebot vor Ort informieren, da auch eine Menge Laufkundschaft am Proxy vorbeikam.
Mit dem Proxy strebten wir also danach, einen Ort zu schaffen, der sich am Puls der digitalen Forschung befindet und den modernsten Anforderungen gerecht wird. Ein Ort, der nicht nur einmalig statisch eingerichtet wird, sondern dynamisch im Wandel ist und selbstständig auf sich kontinuierlich wandelnde Anforderungen reagiert. Mit dem Ziel Besucher*innen, Kooperationspartner*innen und allen weiteren Interessent*innen die Möglichkeit zu bieten, sich aktiv auszutauschen, auf den neuesten Stand zu kommen, selbst Wissen zu vermitteln und so die Zukunft des technologischen Wandels mitzugestalten.
Organisatorisches Konzept
Um die ehrgeizigen Ziele des Proxy zu erreichen, wurden zwei verschiedene Betriebskonzepte entwickelt, die anschließend in der Umsetzung vergleichend evaluiert werden sollten. Während für Sonderveranstaltungen stets flexible Ansätze gewählt werden konnten, belegten Erfahrungen aus dem VRlab, dass für den Regelbetrieb ein robustes Betriebskonzept von entscheidender Bedeutung ist. Insbesondere, um auch trotz begrenzter Personalressourcen ein umfassendes Angebot auf die Beine zu stellen.
Das erste Konzept ermöglichte den Besucher*innen während der Öffnungszeiten kostenlosen Zugang zu den Räumlichkeiten. Ein Eintrittspreis wurde dann lediglich für einzelne VR-Erlebnisse wie den Fahrsimulator oder die Freiflächen erhoben. Der Preis für ein etwa 12-minütiges VR-Erlebnis betrug regulär 5 € und ermäßigt 3 € — in Anlehnung an die Ergebnisse unserer umfangreichen Evaluierungen aus den Jahren 2019 bis 2020 (Geipel, 2020). Den kostenlosen Eintritt, der im VRlab dank der museum4punkt0 Förderung möglich war, beizubehalten, hätten wir selbstverständlich präferiert. Da jedoch mit dem Übergang vom VRlab zum Proxy der Betrieb nicht mehr durch museum4punkt0 finanziert wurde, mussten neue Einnahmequellen erschlossen werden, um langfristig ein selbsttragendes System zu erreichen. Durch den kostenlosen Zugang zu den Räumlichkeiten konnten sich die Besucher*innen allerdings bereits ein Bild vom Angebot machen und zusätzliche Installationen und Inhalte ausprobieren. Dies ermöglichte Einblicke in die Anwendung aktueller digitaler Innovationstechnologien sowie den Austausch mit anderen Besucher*innen und unserem erfahrenem Personal zu den präsentierten Themen. Und bei gewecktem Interesse konnten dann jederzeit Online-Tickets für die VR-Erfahrungen erworben werden.
Das zweite Konzept baute auf regelmäßig buchbaren Zeitslots auf, in denen eine Gruppe von Besucher*innen für einen festgelegten Zeitrahmen, z.B. eine Stunde, die Räumlichkeiten betreten und in dieser Zeit alle Angebote flexibel nutzen kann. Die maximale Gruppengröße sollte so gewählt werden, dass genügend Möglichkeiten vorhanden sind, die verfügbaren Inhalte zu testen. Eine Gruppengröße von etwa zehn Personen für eine Stunde wäre ein guter Ausgangswert gewesen. Gegenüber Einzelbuchungen bot dieses Konzept ein eigenes Set von Vorteilen. Durch die gleichzeitige Ankunft der Besucher*innen kann eine effizientere gemeinsame Einweisung erfolgen, und auch eine effektive Inszenierung des Erlebnisses kann bereits beim Betreten der Räumlichkeiten beginnen. Die positiven Auswirkungen eines durchdachten Gesamtablaufs, der an der Türschwelle beginnt und endet, sind insbesondere für neuartige Erfahrungen bekannt und wurden auch durch unsere eigenen Erhebungen im VRlab bestätigt. Durch das umfangreichere Erlebnis lässt sich dann ebenfalls ein höherer Eintrittspreis rechtfertigen, bei dem die Teilnehmer*innen dennoch voll auf ihre Kosten kommen. Basierend auf unseren Erfahrungen hätten anfänglich etwa 10 € pro Person für eine Stunde gut funktionieren können.
Ein Nachteil dieser zweiten Herangehensweise ist jedoch, dass neugierige und unentschlossene potentielle Besucher*innen so keine Möglichkeit haben, einen Blick hineinzuwerfen oder kostenlose Angebote innerhalb der Räumlichkeiten wahrzunehmen. Eine Kompromisslösung zwischen beiden Ansätzen wäre dementsprechend denkbar. Zum Beispiel könnten zwischen den Gruppenterminen Zeitfenster für kostenlose Besichtigungen der Räumlichkeiten ohne umfangreiches Programm und mit reduziertem Personal angeboten werden, oder beide Konzepte könnten an verschiedenen Tagen abwechselnd angeboten werden. Die Festlegung auf ein langfristiges Betriebskonzept war nach Abschluss einer auswertenden Testphase beider Öffnungskonzepte geplant.
Das erste Konzept der Einzelbuchungen wurde zuerst umgesetzt, denn es eignete sich besser für eine Anfangsphase, in der noch viel zusätzlicher Content außerhalb der VR-Flächen schrittweise implementiert wurde. Es wurde also nur für bereits vollständige Erfahrungen ein Ticketpreis fällig. Auch war so ein schwellenloses Hineinschnuppern in die neuen Räumlichkeiten für alle für alle Interessent*innen und Passant*innen möglich. So konnten auch durch museum4punkt0 finanzierte Neuentwicklungen wie die Telepräsenzstation komplett kostenlos für die Besucher*innen verfügbar gemacht werden.
Das zweite Konzept konnte aufgrund der plötzlichen Schließung des Proxy nicht mehr umgesetzt werden. Die angestrebte Vergleichsanalyse und eine mögliche Kombination beider Konzepte mussten somit leider entfallen.
Abseits der umfangreichen Planung des Regelbetriebs mussten zudem zahlreiche weitere wichtige organisatorische Themen strukturiert werden, die aufgrund ihrer individuellen Abhängigkeit von stark standortspezifischen Faktoren hier nicht näher erläutert werden. Beispiele dafür sind die Schlüsselkontrolle, Reinigung, Wartung, Internetinfrastruktur, Kommunikation, interne Abstimmungen und Eventorganisation.
Schließung des Proxy
Nach fast fünf Jahren erfolgreichen Betriebs, mit mehr als 23.000 Teilnehmer*innen und zahlreichen bedeutsamen Projekten, musste das Proxy (vormals VRlab) im Forum der Zukunft Ende November 2022 aufgrund fehlender Finanzierung seine Pforten für Besucher*innen schließen. Trotz intensiver Bemühungen des Teams, langfristig alternative Finanzierungskonzepte zu finden, konnte das Deutsche Museum weder eine Übergangsfinanzierung ermöglichen noch am ursprünglichen Plan festhalten, den digitalen Experimentierraum dauerhaft zu etablieren. Meinungsverschiedenheiten über den erforderlichen Umfang des Betreuungspersonals für einen nachhaltigen Betrieb trugen zu diesem Ergebnis bei. Als Folge erhielt das gesamte Team vor Ort keine Vertragsverlängerung, und die mehrjährig aufgebaute Fachkompetenz in der Umsetzung und Betreuung derartiger Konzepte ging dem Museum verloren.
Kurzfristig nutzte das Team Deutsches Museum Digital das Proxy weiterhin als Forschungs- und Testfläche sowie als Kreativzentrum für die Kultur- und Kreativwirtschaft und hielt es für interne Besichtigungen zugänglich. Jedoch wurde das Proxy dann im März 2023 infolge einer Umwidmung des Bereichs im Forum der Zukunft für andere Zwecke vollständig geräumt und dauerhaft geschlossen.
Obwohl in externen Fachgesprächen, umfassenden Evaluierungen und durch das weitläufige interdisziplinäre Interesse der Bedarf derartiger digitaler Experimentierflächen für zeitgemäße Museen deutlich belegt und auch die Anwesenheit des Personals als äußerst wichtig erachtet wurde (Geipel, 2020), wird das Deutsche Museum zum aktuellen Stand bis auf Weiteres auf eine vergleichbare Einrichtung verzichten.
Für bereits geplante Seminare, Abschlussarbeiten und Forschungsprojekte wurden entsprechende Übergangslösungen gefunden. Zudem sollen den Besucher*innen weiterhin virtuelle Angebote in gegebenenfalls reduzierter Form zur Verfügung stehen. Auch sind zumindest kleinere Folgeprojekte geplant, wie die Übergabe einer mobilen VR-Station an das Science Communication Lab des Deutschen Museums, welche während Themenwochen zur Verfügung gestellt werden soll.
Im VRlab/Proxy des Deutschen Museums konnten in den letzten Jahren zahlreiche wichtige Erfahrungen im Bereich virtueller und digitaler Museumsangebote gesammelt werden. Parallel wurde ein weitreichendes Netzwerk mit Vertreterinnen der Kultur- und Kreativwirtschaft, der Kunstszene sowie Lehre und Forschung aufgebaut. All dies ermöglicht es Kurator*innen und weitere Kulturschaffende umfassend bei Fragen zum Einsatz digitaler Angebote zu unterstützen. Um dieses wertvolle Wissen weitläufig verfügbar zu machen, befinden sich abseits der ausführlichen Berichterstattung für museum4punkt0 weitere Publikationen in Arbeit, die spezifische Details genauer beleuchten.
Quellenverzeichnis
Andrea Geipel, Georg Hohmann, Claus Henkensiefken, Alexander Schmidt, Clara Sayffaerth, Franziska Unger und Lisa Görtz. 2020. „Eine Virtual Reality Testfläche im Ausstellungsraum” https://www.museum4punkt0.de/ergebnis/eine-virtual-reality-testflaeche-im-ausstellungsraum/