GREIFbAR App – Augmented Reality im Museum anschaulich erklärt

GREIFbAR
GREIFbAR, Foto: Deutsches Museum / Gabriel von Münchow, CC BY 4.0

Überblick

Augmented Reality (AR) schafft es, die digitale Welt mit der realen Welt zu vereinen. Damit ist es ist ein interessantes, aber auch komplexes Vermittlungstool für Museen. Oft gehen Vorstellung und Machbarkeit weit auseinander. Die App „GREIFbAR“ versucht diese Diskrepanz aufzulösen, indem sie die Chancen und Herausforderungen von AR museums- und kulturgestaltenden Personen verdeutlicht.

In mehreren Modulen wird auf grundlegende Fragen eingegangen, wie „Was ist Augmented Reality?“ oder „Wozu eignet sich AR?“ bis hin zu Fragen der Umsetzung: „Was kann ich darstellen?“, „Wo kann ich es darstellen?“, „Wie viel Aufwand ist das?“. Alle Module werden von echten AR-Sequenzen begleitet, um das Gelernte direkt zu erleben. Als Referenzen enthält die App zudem Verweise auf bestehende AR-Projekte und es lassen sich mit der App kleine Prototypen umsetzen.

GREIFbAR richtet sich direkt an kulturgestaltende Personen. Diesen soll sie die Realisierung von AR-Projekten und die Kommunikation mit Projektpartnern wesentlich vereinfacht werden.

Bibliographische Angaben

Institution
Deutsches Museum von Meisterwerken der Naturwissenschaft und Technik
Teilprojekt
Perspektiven dreidimensionaler Visualisierungen in der musealen Vermittlung
Autor*innen
Gabriel von Münchow
Veröffentlicht
19.05.2022
Lizenz der Publikation
CC BY-SA 4.0
Kontakt
Gabriel von Münchow
Deutsches Museum
digital@deutsches-museum.de

Entwicklung

In der ersten Phase des Projekts wurden Herausforderungen, Hürden, aber auch Chancen von AR in Museen definiert, um herauszufinden, wie Museen am besten beim Einsatz von AR unterstützt werden können.

Interviews mit Museumsgestalter*innen, die bereits AR-Projekte in verschiedenen Rollen umgesetzt haben, die Realisierung kleiner AR-Prototypen und ein Workshop im Verbund mit Projektpartner*innen, die eigene AR-Projekte umsetzen wollten, haben geholfen, ein passendes Konzept für GREIFbAR auszuarbeiten.

In den Interviews hat sich herauskristallisiert, dass das einfache Zeigen von AR-Inhalten nicht ausreicht, um der Vermittlung gerecht zu werden. AR lebt von seiner Vielfalt und dem angepassten und kreativen Einsatz in Museen. Es ist besonders dann gut, wenn es im direkten Kontext zum Museum steht und dessen Inhalte erweitert.

Prototyp
Prototyp, Foto: Deutsches Museum / Gabriel von Münchow, CC BY-SA 4.0

Das Umsetzen der Prototypen hat verdeutlicht, dass dieser höhere Anspruch an Augmented Reality nur durch großen Aufwand und nicht mit technischer Expertise allein im eigenen Haus umgesetzt werden kann. AR wird also im Regelfall mithilfe von externen Partnern, wie Agenturen, aber auch studentischen Projekten realisiert.

Generell hat sich gezeigt, wie komplex Augmented Reality sein kann. AR ist noch ein relativ unbekanntes Medium und gerade in der Entwicklung sehr abstrakt. Es ist schwer sich vorzustellen, was am Ende möglich ist.

Museen brauchen ein gutes Verständnis für das Vermittlungswerkzeug Augmented Reality, um es gewinnbringend, sinnvoll, aber auch mit möglichst geringem Aufwand anzubieten.

Inhaltliches Konzept

Im musealen Kontext hat das Projekt einen übergeordneten Ansatz. Es richtet sich nicht direkt an Besuchende der Museen, sondern an Museumsgestalter*innen. GREIFbAR erlaubt es diesen, durch eine Mischung aus Wissensvermittlung und dem Ausprobieren von Augmented Reality das nötige Wissen aufzubauen, um eigene AR-Projekte umzusetzen. In acht Modulen werden die wichtigsten Aspekte der Umsetzung von Augmented Reality in Museen beleuchtet. Je nach Wissensstand können erst grundlegende Module gewählt werden, wie „Was ist Augmented Reality?“ oder „Wozu Augmented Reality?“. Man kann aber auch tiefer eintauchen. In „AR-Inhalte“ erfährt man, wie sich welche Inhalte in AR am besten präsentieren lassen. „Tracking“ erklärt, wo und wie man AR rein technisch überhaupt einsetzen kann. „Aufwand“ klärt die wichtige Frage, ob ich als Museum das Projekt überhaupt stemmen kann und wie ich den Aufwand geringhalten kann. „Einsatzmedien“ macht deutlich, welches Medium sich für den eigenen Anwendungsfall am besten einsetzen lässt. Neben Texten und Skizzen werden diese Module von AR-Sequenzen begleitet, um das Gelernte direkt erlebbar zu machen.

Konzept GREIFbAR
Konzept GREIFbAR, Foto: Deutsches Museum / Gabriel von Münchow, CC BY 4.0

Diese Wissensvermittlung wird erweitert von der Möglichkeit, in der App eigene AR-Prototypen zu erstellen. In „AR selbst erstellen“ können eigene Bilder, Videos und 3D-Objekte in die App geladen und in AR ausprobiert werden. Das Modul „Beispielprojekte“ erlaubt einen Blick auf bereits bestehende AR-Projekte, um so von bereits erfolgreichen Konzepten zu lernen.

GREIFbAR hat dabei einen begleitenden Charakter. Die App kann auch während eines Projektes immer wieder genutzt werden, um sich bewusst zu werden, welche Themen in der Entwicklung noch wichtig sind und welche Fragen noch geklärt werden. In der Zusammenarbeit mit externen Partnern erleichtert sie die Kommunikation, da einerseits das nötige Verständnis aufgebaut werden kann, die zahlreichen AR-Sequenzen in der App aber auch gut als Beispiele herangezogen werden können.

Technisches Konzept

GREIFbAR ist eine native App. Um eine einfache Nachnutzung zu gewährleisten, wurde die bekannte Entwicklungsumgebung „Unity“ für die Entwicklung der App genutzt. „Unity“ ist eine kostenlose Spieleentwicklungsumgebung mit einem breiten Support. Für eine hauseigene Entwicklung bietet sie die beste Möglichkeit, eine technisch komplexe, plattformübergreifende App mit geringen Mitteln zu erstellen. Das kostenlose Plugin „ARFoundation“ ermöglicht es, Augmented Reality mit verschiedenen Trackingverfahren in der App einzusetzen. Das zusätzliche Plugin „AR+GPS Locations“ ermöglicht zudem den Einsatz von GPS-Tracking. Für den Upload eigener Inhalte wurden das Plugin „Trilib“ für 3D-Objekte und „Native Gallery“ für Bilder und Videos genutzt.

Implementierung und Inbetriebnahme

Entwicklung der App
Entwicklung der App, Foto: Deutsches Museum / Andrea Geipel, CC BY 4.0

Eine Besonderheit dieses Projekts ist die komplette hauseigene Entwicklung, von der Konzeption, über die Gestaltung, bis hin zur technischen Umsetzung. Im Verlauf eines Jahres haben eineinhalb Vollzeitstellen mit Medieninformatik-Hintergrund dieses Projekt realisiert. Dies ermöglicht freiere Entscheidungen, Flexibilität in der Umsetzung und Arbeitsweise und weniger Absprachen. Genügend Expertise aufzubauen und die Gänze eines solchen Projekts abzudecken, sind hingegen große Herausforderungen. Man muss Abstriche machen. Das Feedback und die Erfahrung einer Agentur müssen kompensiert werden. Wenn etwas nicht funktioniert, das über die technischen Kenntnisse hinausgeht, fehlen die Kapazitäten das Problem zu lösen.

In diesem Projekt war die größte Hürde die Inbetriebnahme der App. Der Upload auf Google Play hat trotz früherer Tests zum Absturz der App geführt. Dieses Problem konnte nur durch große Anstrengungen und eine zeitliche Verschiebung der Veröffentlichung von einem Monat gelöst werden.

Nachnutzung und Weiterentwicklung

Die App GREIFbAR lädt auf verschiedene Weise zur Nachnutzung ein. Das ganze Konzept der App zielt darauf, dass Kulturschaffende die gelernten Inhalte auf eigene Projekte übertragen und realisieren.

Alle Inhalte der App dienen als Leitfaden und sollen Schritt für Schritt die Herausforderungen von AR in Museen klären. Es werden grundsätzliche Fragen behandelt, Fragen der Umsetzung und die Frage, wie eigene Inhalte aussehen könnten.

Dabei stellt die App einige AR-Konzepte vor, die in neue Projekte direkt inspirieren sollen. Konzepte der Trackingverfahren, aber auch der richtigen Inhaltsvermittlung. All diese Konzepte lassen sich in der App als AR-Sequenzen direkt erleben.

Der Code dieser AR-Sequenzen ist auf GitHub frei verfügbar. Je nach Interesse kann die jeweilige Sequenz übernommen und angepasst werden, um so eigene ähnliche AR-Inhalte zu erschaffen. Um alle Inhalte der App zu übernehmen sind kostenpflichtige Frameworks notwendig, die aber gemeinsam unter 100€ liegen und nur in drei der acht Module verwendet werden.

App im Museum
App im Museum, Foto: Deutsches Museum / Gabriel von Münchow, CC BY-SA 4.0

Aber auch die Applikation an sich zielt auf die Nachnutzung in neuen Projekten ab. Sie kann als Begleiter während der eigenen Entwicklung dienen, um stets zu überprüfen, welche Aspekte von AR noch zu beachten sind. Die App hilft zudem, ein gemeinsames Verständnis aufzubauen und damit auch die Kommunikation mit externen Partnern zu vereinfachen. Die verschiedenen AR-Inhalte lassen sich aber auch gut als Beispiele für das eigene Konzept nutzen.

Bereitstellung der Nachnutzung

Die Quelldateien mitsamt technischer Dokumentation steht anderen Kultureinrichtungen zum Download und zur individuellen Anpassung auf GitHub zur Verfügung. Weitere Elemente der Nachnutzung finden Sie im Anhang dieser Publikation.

Besucherforschung und Usability Tests

Am Anfang der Entwicklung wurden zwei Arten von Nutzer*innenforschung betrieben. Zum einen haben wir Experteninterviews mit sechs Museumgestalter*innen geführt, die bereits Erfahrung mit der Umsetzung von AR-Projekten haben. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Teilnehmenden in ihren Projekten unterschiedliche Rollen eingenommen haben, um ein breites Spektrum an Erfahrungen abzudecken. Es gab Personen, die das Projekt selbst entwickelt haben, welche, die ein AR-Projekt von Studierenden betreut haben und welche, die die Vergabe und Kommunikation mit externen Firmen übernommen haben. Außerdem haben wir einen Workshop im Verbund museum4punkt0 mit Museen durchgeführt, die vorhatten, ein AR-Projekt durchzuführen. So ließen sich die Erwartungen mit den unterschiedlichen Erfahrungen vergleichen.

Während der Entwicklung wurden mehrere Usability Tests durchgeführt. Dabei wurde die App an die Testenden geschickt und von diesen heruntergeladen. Die Abfrage fand durch einen Fragebogen am Ende der App statt. Auf diese Methode wurde aufgrund der Pandemiesituation zurückgegriffen. Sie hatte aber zum Vorteil, dass leichter mehrere Leute erreicht werden konnten und diese die App in Ruhe, in ihrer eigenen Geschwindigkeit, testen konnten. In zwei Testphasen wurden insgesamt 18 Personen befragt und deren Eindrücke in die App aufgenommen.

Erfahrungen

Ein solches Projekt komplett im eigenen Haus zu entwickeln ist aufwändig, aber machbar. Es braucht Personal mit technischen und gestalterischen Kenntnissen. Die größte Erkenntnis dieses Projekts ist, frühzeitig alle Entwicklungsschritte durchzugehen und zu testen, um sich so gerade vor technischen Herausforderungen zu wappnen und konzeptionell fokussiert zu bleiben. Das können frühzeitige Prototypen sein, frühzeitige Usertests, aber auch das Testen der Veröffentlichung. Auch wenn diese zusätzlichen Schritte zunächst mehr Aufwand bedeuten, können sie im Nachhinein viel Zeit einsparen.

Das Projekt befand sich in der glücklichen Lage, mehrere AR-Projekte in ihrem Entstehungsprozess zu begleiten. Deshalb war es leicht abzuleiten, welche Schwerpunkte in der App enthalten sein mussten. Schwieriger war es, den richtigen Grad an Informationstiefe zu finden, um einen guten Einblick anzubieten, Nutzende aber nicht zu überfordern. Im Endeffekt reist die App viele wichtige Themen an und behandelt deren wichtigste Aspekte, ohne sehr tief einzutauchen.

Wir haben auch einige Erfahrungen gemacht, was die Nutzung der App betrifft. Es hat sich gezeigt, dass die größte Priorisierung neben guten Inhalten die Zugänglichkeit der App ist: Es kann durchaus eine Hürde für die Nutzenden sein, sich die App überhaupt herunterzuladen. Eine App als Webseite wäre leichter zugänglich. Für eine native App ist hingegen eine Veröffentlichung im Google Play Store und/oder im Apple Store fast unumgänglich. GREIFbAR wurde mit unerwartet hohem Aufwand auf Google Play veröffentlicht. Dabei kamen unvorhersehbare technische Probleme auf. Eine Veröffentlichung im Apple Store ist geplant. Diese ist aber grundsätzlich wesentlich aufwändiger und strenger reglementiert als der Play Store.

Weitere Ergebnisse im Teilprojekt

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